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veröffentlicht am 28.01.2021

Jahressteuergesetz 2020 - Vorsicht Falle!

Jahressteuergesetz 2020

Vorsicht Falle!

Im Zuge des Jahressteuergesetzes 2020 hat der Bundestag mit Zustimmung des Bundesrats im letzten Dezember einige Gesetzesänderungen zugunsten von Ehrenamtlichen und gemeinnützigen Vereinen beschlossen.

So werden ab 01.01.2021 der Ehrenamtsfreibetrag („Ehrenamtspauschale“) von 720 Euro auf 840 Euro jährlich und der Übungsleiterfreibetrag (für nebenberufliche Übungsleiter, Ausbilder, Erzieher und Betreuer) von 2.400 Euro auf 3.000 Euro jährlich erhöht. Der vereinfachte Spendennachweis durch Einzahlungsbeleg ist nun bis zu einem Betrag von 300 Euro möglich (bisher 200 Euro). Weiterhin werden die steuerliche Freigrenze des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs von 35.000 auf 45.000 Euro erhöht, die Pflicht zur zeitnahen Mittelverwendung für kleine Körperschaften (maximal 45.000 Euro Einnahmen im Jahr) abgeschafft und die Mittelweitergabe unter gemeinnützigen Organisationen rechtssicher ausgestaltet. Außerdem sind jetzt u. a. auch die Zwecke „Klimaschutz“, „Freifunk“ und „Heimatkunde/Ortsverschönerung“ als gemeinnützig eingestuft (§ 52 Abgabenordnung).

Leider ist mit der Erhöhung der Ehrenamtspauschale an anderer Stelle ein gravierender Nachteil verbunden, was vermutlich auf ein Versehen des Gesetzgebers zurückzuführen ist. Ist jemand nebenberuflich im Dienst oder Auftrag eines gemeinnützigen Vereins tätig (z.B. als Vorstandsmitglied, Gerätewart, Platzwart), so kann der Verein ihm ab 01.01.2021 eine steuer- und sozialabgabenfreie Vergütung von bis zu 840 Euro pro Jahr zahlen (vorher: 720 Euro), wenn die satzungsrechtlichen Bestimmungen dem nicht entgegenstehen. Das ist der Ehrenamtsfreibetrag gemäß § 3 Nr. 26a Einkommensteuergesetz, meist Ehrenamtspauschale genannt. Zahlt der Verein jedoch nun zur Freude des ehrenamtlichen Mitarbeiters eine Ehrenamtspauschale von mehr als 720 Euro, so kollidiert dies mit den Haftungsregeln für Vorstands- und sonstige Vereinsmitarbeiter.

Wer nämlich für seine Vereinstätigkeit eine Vergütung von höchstens 720 Euro pro Jahr erhält (als Vorstand oder Mitglied), haftet gemäß den §§ 31a und b des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB)
grundsätzlich nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit, wenn er einen Schaden im Rahmen seiner Vereinsaufgaben verursacht. 720 Euro deshalb, weil das der frühere Höchstbetrag der Ehrenamtspauschale war. Also hätte nun der Gesetzgeber die §§ 31a und b BGB entsprechend anpassen und den bisherigen Höchstbetrag konsequenterweise auf den neuen Höchstbetrag von 840 Euro anheben müssen. Dies geschah aber nicht und ist derzeit - soweit bekannt - auch nicht geplant. Eine völlig kontraproduktive Unterlassung des Gesetzgebers, also der Mitglieder des Bundestags und Bundesrats! Folge: Wird nun ab 01.01.2021 einem Vereinsmitglied eine Ehrenamtspauschale von mehr als 720 Euro jährlich gezahlt, greifen die Paragrafen 31a und b BGB nicht mehr und das Mitglied haftet auch für einfache Fahrlässigkeit, nicht nur für grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz. Das ist ein schwerwiegender Nachteil, der mit der an sich sehr sinnvollen Erhöhung der Ehrenamtspauschale einhergeht.

Man kann auch sagen: Die Vereinbarung einer Ehrenamtspauschale in Höhe von 721 bis 840 Euro wird auf der anderen Seite mit der Verschärfung der Haftung bezahlt. Das ist alles andere als zweckmäßig, aber so ist leider die derzeitige gesetzliche Situation.

Dr. Frank Weller
Wetzlarer Neue Zeitung vom 15.01.2021

 
 
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